Der Drache tötete Nourida in der dritten Nacht nach Vollmond. Ihre Freundinnen fanden sie auf der linken Seite liegend. In der Höhe der Gürtellinie waren die Überreste ihres ledernen Köchers; der Köcher war nicht weniger als 45 cm lang und 11 cm breit und hatte runde Seitenwände, die an den Rändern mit kleinen halbsphärischen Nieten aus Bronze und einer schmalen Bronzeplatte verziert waren. Im Köcher befanden sich noch 13 Pfeile. Die Schäfte der Pfeile aus Schilf hatten eine Länge von 60 cm und einen Durchmesser von 8mm. Sie musste im Kampf gegen den Drachen 8 Pfeile abgeschossen haben. Da sie eine unfehlbare Schützin war, steckten folglich diese 8 Pfeile tief in der Panzerhaut des Drachen.
Die Gemeinschaft der Frauen kam am Feuer von Mingetschevir zusammen und beschloss, eine neue Drachentöterin zu erkennen, die Nourida rächen und die Höhlendörfer retten würde. Der Wettbewerb fand mit Doppelaxt und Skythenbogen statt. Doch die Siegerin verirrte sich im Höhlenlabyrinth, die Zweite fürchtete sich davor, und so blieb Nouridas Tochter Kourida. Klein, zäh und furchtlos, mit flammend rotem Haar, war sie bereit, das Erbe ihrer Mutter anzutreten. Doch sie fürchtete den Schnitt.
Kourida war Linkshänderin. Während die meisten Kriegerinnen die rechte Brust lösten für die Meisterschaft im Bogen, sollte ihr in drei Tagen der Schnitt an der linken Seite gesetzt werden. Danach blieben ihr 21 Nächte, um sich zu erholen. Wenn sie es überlebte und kein Wundfieber bekam, wäre sie die jüngste – und kleinste – Amazone im Mingetschevir, seit die Dynastie der Medizinfrauen Buch darüber führte.
In drei Tagen würde es passieren.
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Sie brachte die Ketten zum Klingen. Inzwischen spielte sie auf den Ketten wie auf einem Instrument. Ihr Monster erschien, setzte sich, breitete die Messer vor sich auf einem weichen Tuch bedachtsam aus, platzierte sorgfältig das Notizbuch mittig dazwischen und schaute durch die Schlitze seiner Zweithaut auf das angekettete Mädchen. Er griff den Stift und ließ ihn solange über dem Papier schweben, bis das Mädchen mit dem roten Haar mit ihrem Diktat fortfuhr.
Drei Tage. Seine Schrift war zierlich.
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„Dia Drei. Mona Gorbatscheva. Das Opfer vom 12. September. Brustentfernung mit einem Fleischermesser. Verblutet in einem Zeitraum zwischen 10 und 12 Stunden.“ Der Gerichtsmediziner bemühte sich, gleichgültig zu klingen. „Dia 4, Karla Schmidthausen, das letzte Opfer. Erneut die rechte Brust. Sie hat versucht, den Blutung mit Erde zu stillen. Der Tod trat nach rund 24 Stunden ein. Neben der experimentellen Brustentfernung ohne Narkose hatten alle Opfer auffällig dunkelrotes Haar.“
Kriminalkommissarin Nastja Rogoschina, gerüchteweise Nachfahrin eines russischen Fürsten, tatsächlich aus Mahrzahn, machte sich keine Notizen. Sie wusste, die Opfer hatten noch etwas gemeinsam: Sie waren in Abständen von 21 Tagen gestorben. Es war der 21. Oktober. Sie hatte noch 3 Tage und endlich eine Spur. Sie fuhr sich mit links durchs unzähmbar rote Haar und sagte mehr zu sich als in die Runde: „Er hat den Köder geschluckt. Ich treffe ihn morgen.“
Kriminaloberkommissar Gerry Bont, ihr Vorgesetzter und Intimfeind, knurrte: „Keine Alleingänge. Verstanden?“
Sie lächelte mit geschlossenen Lippen. Sie spürte das Jucken unterm Schulterhalfter. Die Jagd hatte begonnen.
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Wird fortgesetzt.